Öko-Fakt der Woche (24.01.2011)

Steigender Wohlstand macht uns nicht glücklicher: Warum Ressourcenschonung keine Bedrohung für unsere Lebensqualität darstellt

Wohlstand – bereits in der Zusammensetzung des Wortes deutet sich die Annahme an, dass der Begriff stark mit Glück und Zufriedenheit im Leben einhergeht; je geräumiger das Auto oder luxuriöser die Einrichtung der Wohnung, umso ‚wohler‘ fühlen wir uns. Oder doch nicht?
Zahlreiche Studien suchten vergeblich nach einem Zusammenhang zwischen steigendem Wohlstand einer Gesellschaft und dem Glücklichsein ihrer Mitglieder.
Vergangene Analysen fanden diesbezüglich keinen Anstieg des Wohlbefindens während der vergangenen Jahrzehnte in westlichen Industrienationen – neuere Studien lassen diesen bezüglich der sich momentan entwickelnden Länder ebenso vermissen.

Wie die Wissenschaftlerin Astrid Matthey in ihrem Artikel ‚Erst mal sehen, was die anderen haben‘ schreibt, scheint der Grund hierfür in unserer Eigenschaft als ‚homos relativus‘ zu liegen – unser Glück bemessen wir weitestgehend nicht danach wie wir in materieller Hinsicht absolut gesehen ‚dastehen‘, sondern nach dem Vergleich zu unseren Mitmenschen; solange es nicht um Grundbedürfnisse wie Wärme oder Nahrung geht.

Verzicht wäre demzufolge möglich solange alle ‚vergleichbar‘ mitmachen; dafür müsste das Thema aber in den gesellschaftlichen Diskurs eingeführt werden. Dies, so Matthey, wäre nicht mehr als

der Beweis dafür, dass unser Selbstschutz doch noch zu aktivieren ist. Denn der erlaubt es im Grunde nicht, die globale Versorgung mit Ressourcen und den Weltfrieden in einem solchen Ausmaß zu gefährden, wie es unser momentaner Lebensstil tut.

Solch ein Vorhaben klingt nach einer großen Anstrengung, anderennorts kann man ähnliche Tendenzen aber bereits in ihrer Umsetzung beobachten. Als Thailand zusehen musste, wie sein Wirtschaftssystem im Zuge einer Finanzkrise vor der Jahrtausendwende kollabierte, zog man radikale Schlüsse und stellte auf eine sogenannte ‚Sufficiency Economy‘ um. Für den Agrarbereich bedeutet diese Reform beispielsweise, dass sich das Produktionsvolumen der Erzeuger am eigenen Verbrauch orientiert und lediglich der eingeplante Überschuss dem Handel dient. Dieses Prinzip der ‚Mäßigung‘ (thail. pho pranam) lässt sich von der Agrarwirtschaft auf alle anderen Bereiche der Wirtschaft übertragen und ist fester Bestandteil der neuen thailändischen Entwicklungsstrategie.

Dieses Umdenken erlangte reichlich öffentliche Anerkennung, insbesonders durch die Vereinten Nationen, die einen ihrer ‚Development Reports‘ der thailändischen Sufficiency Economy widmeten.

Verzicht ist also tatsächlich möglich und wie das Beispiel aus Thailand zeigt, auch gesellschaftlich umsetzbar.

Die Frage bleibt, was uns wann dazu bringen wird die liebgewonnene aber zugleich existenzbedrohende Gleichung ’steigender Wohlstand=größeres Wohlbefinden‘ gemeinsam in Frage zu stellen.

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